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Als Polizeidetektivin Chris Cagney klärte sie in den 80er-Jahren in der TV-Serie „Cagney & Lacey“ an der Seite ihrer Kollegin reihenweise Verbrechen auf und stand seither vor allem in Fernsehrollen vor der Kamera. Je zweimal wurde sie mit dem Golden Globe und dem Emmy ausgezeichnet. 2021 hat sie ihre Memoiren verfasst und feiert im Mai ihren 80. Geburtstag.
Sharon Gless hat sich durch viele ihrer Rollen um die Menschen- und Frauenrechte verdient gemacht und engagiert sich in diesem Bereich bis heute. In der Polizei-Serie „Cagney & Lacey“ spielte sie zusammen mit Partnerin Tyne Daly in dem ersten weiblichen Hauptrollen-Duo des US-Fernsehens, und die Polizeidetektivin Cagney war damals die erste weibliche TV-Figur mit Alkoholproblemen. Heute sagt Gless im Rückblick, dass diese Serie ihr Leben verändert hat. Nicht nur, dass sie während der Dreharbeiten ihren Mann Barney Rosenzweig kennenlernte, auch beruflich und menschlich konnte sie sich dort weiterentwickeln: „Ich habe die Kraft der Darstellung erlernt, Freundschaft erlebt und den Feminismus kennengelernt. Und viel erfahren über die Vorzüge des Fernsehens. Noch heute glaube ich, dass es das mächtigste Medium der Welt ist. Wir kommen damit zu jedem nach Hause“, sagte sie kürzlich dem Magazin „Forbes“. Sie verwies auch darauf, dass inzwischen etliche namhafte Filmstars gern Bildschirmengagements suchen, wenn altersbedingt die Filmrollen ausbleiben.
Vorreiterrolle und Vorbild
Zu der von ihr verehrten Partnerin Tyne Daly hat Gless bis heute fast täglich Telefonkontakt und schwärmt davon, wie gut beide sich bei den Dreharbeiten gegenseitig ergänzt und unterstützt hätten. Gless erkannte schon am Set von „Cagney & Lacey“, dass sie durch ihre Rolle und ihre darstellerische Kraft zum Vorbild für viele Frauen geworden ist. Auch ihre Rolle als Mutter eines schwulen Jungen in „Queer as Folk“ erwies sich als Hilfe für viele Angehörige der queeren Szene. „Ich konnte jungen Männern Mut machen, gleichgesinnte Freunde zu finden, und ihnen vermitteln, dass sie mit ihrer sexuellen Orientierung nicht alleine sind“, betonte sie bei „Forbes“. Im Nachhinein sieht sie sich als eigentliche Gewinnerin dieser TV-Serie, weil sie dort so viel gelernt habe und es an Menschen weitergeben konnte, die sich zuvor einsam und verloren gefühlt haben. Seitdem setzt sie sich auch öffentlich für LGBTQ-Anliegen ein und findet viel Rückhalt in dieser Community. Für ihr vielfältiges helfendes Dauer-Engagement wurde sie 2005 von der Organisation „People for the American Way“ mit einem Ehrenpreis bedacht.
Obwohl Gless anfangs vor allem Filme machen wollte, verdankt sie ihre beachtliche Karriere dem Fernsehen. Sie war in vielen TV-Filmen zu sehen, wurde aber vor allem durch Serien bekannt. Insgesamt hatte sie tragende Rollen in neun Serien und wird hier nur von dem kürzlich verstorbenen „Golden Girl“ Betty White mit zehn übertroffen: „Nun will ich Betty natürlich übertreffen und würde gern noch eine weitere Serie drehen“, gibt Gless sich ehrgeizig. Zehnmal wurde sie für den Emmy nominiert und hat ihn zweimal für „Cagney & Lacey“ gewonnen. Bei ihren sieben Golden-Globe-Nominierungen war sie ebenfalls zweimal Siegerin („Cagney & Lacey“, „Die Fälle der Rosie O’Neill“). In jüngerer Zeit war sie mit etwas zeitlichem Abstand in jeweils drei TV-Episoden des dauerlaufenden Medizindramas „Casualty“ und der Science-Fiction-Serie „Die Begabten“ zu sehen. Weitere geplante Einsätze in „Casualty“, wo man Gless für die Rolle der Chirurgin Zsa Zsa eigens aus den USA nach England einfliegen ließ, sind ab 2020 dann der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen.
Medienwirksam an die Öffentlichkeit getreten ist Sharon Gless dann 2021 mit ihrer Autobiografie „Apparently There Have Been Complaints“ („Offensichtlich gab es Beschwerden“), wo sie mit einer offenen Bestandsaufnahme ihres bisherigen Lebens überraschte. Im fortgeschrittenen Alter habe sie für ihre Memoiren schonungslos in den Spiegel geblickt und aufgeschrieben, was sie wirklich sieht. Sehr offen beschreibt sie ihre schwierigen Familienverhältnisse, ihre Gewichtsprobleme, ihren früher starken Alkoholkonsum und den daraus resultierenden Reha-Aufenthalt: „Ich war nicht körperlich abhängig, hatte aber harte Schläge einzustecken“, blickt sie auf diese schweren frühen Karrierejahre zurück. Seit einigen Monaten veröffentlicht sie auch Auszüge aus ihrem Buch in einem Podcast.
Privat macht sie gern sehr wenig
Eine geplante US-Lesetour wurde allerdings stark durch die Covid-Beschränkungen beeinträchtigt. „Ich war überrascht, wie sehr das Publikum mein Buch mag. Aber viele sagten mir, dass sie ähnliche Dinge auch erlebt hätten“, freute sich Gless über die hohe Akzeptanz. Sie steht heute zu ihrem Alter und ihrem Gewicht, auch wenn es damit schwer sei, noch Rollen zu bekommen. Zum Glück sei sie selbst zuletzt aber noch in zwei Projekten beschäftigt gewesen, weil die Filmindustrie „es gut mit mir meint“. Deshalb will Gless weiterarbeiten, solange sie kann: „Es gibt nichts, was ich lieber täte“, verriet sie vor Jahresfrist. Sie blieb bewusst kinderlos und lebt mit ihrem Mann meist in ihrem Haus auf der Promi-Insel Fisher Island bei Miami, macht in ihrer Freizeit „gern sehr wenig“ und ist Fan der 2021 gestarteten Comedy-TV-Serie „Hacks“.
Zur Person
Sharon Marguerite Gless, geboren am 31. Mai 1943 in Los Angeles, stand nach einem privaten Schauspielstudium von 1972 bis 1981 bei Universal Studios unter Vertrag. Bekannt wurde sie in Fernsehserien: als Sekretärin Maggie Philbin in „Die Zwei mit dem Dreh“ und ab 1982 als Polizeidetektivin Christine Cagney in „Cagney & Lacey“. Weitere Bildschirmerfolge hatte sie in „Die Fälle der Rosie O’Neill“, „Queer as Folk“ und „Burn Notice“ (2007 bis 2013). 2009 spielte sie in der Independent-Produktion „Hannah Free“ ihre erste Film-Hauptrolle. Einige weitere Independent-Filme folgten. 2018/19 war sie in je drei Episoden von „Casualty“ und „Die Begabten“ zu sehen. Sie war zehnmal für den „Emmy“ und siebenmal für den „Golden Globe“ nominiert und gewann jeweils zweimal. 1995 erhielt sie einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame. Im Theater feierte sie Erfolge in den USA und in London. Seit 1991 ist sie mit Produzent Barney Rosenzweig verheiratet.